Wildromantische Steilküste und Naturstrand, rauschende Ostseebrandung und ruhiges Wasser im Haff: das Ostseebad Rerik liegt malerisch auf einer schmalen Landzunge eingebettet in die traumhafte Natur der mecklenburgischen Ostseeküste. Segeln, Surfen oder Paddeln – Wassersportler finden hier ein großartiges Revier. Profis toben sich bei Wind und Wetter auf der Ostsee aus, während Anfänger auf dem oft ruhigen Salzhaff ideale Bedingungen vorfinden, um sich auszuprobieren.
Spiegelglatt liegt das Wasser an einem wunderschönen Sommermorgen vor uns und schimmert verlockend im hellen Sonnenlicht. Kein Lüftchen regt sich, es ist nahezu windstill. Grade mal 9 Uhr und schon über 20 Grad. Das perfekte Wetter für eine Paddeltour auf dem Salzhaff in Rerik. Motiviert parken wir unser Auto am grünen Kurpark an der Haffpromenade und erkunden die Einstiegsmöglichkeiten für unsere Kajaks. Auf der Rasenfläche am Salzhaff finden sich immer wieder kleine Sandbuchten, an denen man bequem ins Wasser kommt. Ideal auch für Familien mit kleinen Kindern zum Planschen und Baden. Die ersten Frühaufsteher sind schon im Wasser. Ein Bad im Meer vor dem Frühstück – das ist Urlaub!
Schnell holen wir unsere aufblasbaren Kajaks aus dem Kofferraum und tragen sie ans Ufer. Auspacken, aufpumpen, Paddel zusammensetzen – 15 Minuten später sind wir startklar und entern das Salzhaff. Herrlich, an diesem Morgen auf dem Wasser zu sein! Schon nach den ersten Paddelzügen stellt sich ein Glücksgefühl ein. Vor uns weitet sich der Blick über die Bucht. In der Ferne sehen wir die grünen, naturbelassenen Ufer. Neben uns ankert ein Segelschiff, weitere Schiffe liegen links und rechts an den Stegen vertäut. Beim Blick zurück springt uns der Kirchturm von St. Johannis ins Auge. Die hübsche frühgotische Backsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert diente den Seefahrern und Fischern früher als wichtige Landmarke. Kein Wunder, der Kirchturm ist auch aus großer Entfernung noch gut sichtbar. Heute kann man den Glockenturm besteigen und von oben die schöne Aussicht über Rerik und das Haff genießen.
Wir paddeln nach rechts in Richtung Haffplatz. Dabei passieren wir das Ausflugsschiff „MS Ostseebad Rerik“, das vor Kopf am Haffanleger Rerik liegt. Wer mag, kann an einer gemütlichen zweistündigen Rundfahrt über das Salzhaff teilnehmen. Die Ausflugsfahrten finden fast das ganze Jahr statt, im Sommer gibt es mehrere Abfahrten täglich. Dann ist auch die Barkasse „MS Salzhaff“ im Einsatz, unter anderem als Fähre zwischen Rerik und der Insel Poel.
Hinter dem Ausflugsschiff machen wir einen Abstecher zum Fischereianleger. Mit etwas Glück kann man hier das morgendliche Treiben der Fischer beobachten. Heute ist von den Fischern allerdings nichts zu sehen. Vielleicht sind wir auch schon ein bisschen spät dran. Dafür entdecken wir Qualen im Wasser. Faszinierend, wie sie scheinbar schwerelos dahinschweben. Begeistert sind wir auch von der Holzfigur, die im Hafenbecken aus dem Wasser ragt. Malerisch spiegelt sie sich im schönen Morgenlicht auf der Oberfläche.
Wir umrunden mit unseren Kajaks die am Steg liegenden Boote und paddeln auf den Haffplatz zu. Tagsüber herrscht hier ein buntes Treiben. Braungebrannte Urlaubsgäste sitzen in den Cafés und Restaurants in der Sonne und genießen den Blick über das Salzhaff, bummeln an den Souvenirläden und der Promenade entlang. Ein beliebtes Mitbringsel ist der „Erik aus Rerik“, eine kleine Kopie der Holzstatue am Haffufer, die als Wahrzeichen von Rerik gilt. Der Haffplatz liegt fast an der schmalsten Stelle von Rerik. Von dort sind es nur etwa 100 Meter hinüber zum schönen Ostseestrand und der imposanten Seebrücke, die weit aufs Meer hinausführt. Zurzeit ist die Seebrücke leider gesperrt. Sehr lohnenswert ist aber ein Spaziergang hinauf zur kleinen Aussichtsplattform auf den Schmiedeberg. Bei schönem Wetter ist der Blick von hier sensationell. Die Ostsee samt Traumstrand und Seebrücke, das Salzhaff und der Wustrower Hals, wie die schmale Landzunge zwischen Rerik und der Halbinsel Wustrow genannt wird, liegen einem zu Füßen.
Wir paddeln weiter am Ufer des Salzhaffs entlang, das jetzt immer grüner und naturbelassener wird. Über uns ziehen kreischend Möwen ihre Kreise. In der Nähe des Ufers entdecken wir Schwäne, die vor dem Schilfgürtel gemütlich auf dem Wasser dümpeln. Kormorane sitzen auf Pfählen und Ästen, die Flügel zum Trocknen ausgebreitet. Das seichte Wasser unter uns wird immer klarer. Wir entdecken kleine Fische, die über den Meeresgrund flitzen, Muscheln und Seetang, während wir uns entspannt in unseren Kajaks treiben lassen. Was für ein wunderbar ruhiger Morgen!
Wir erreichen die Halbinsel Wustrow, ein geschichtsträchtiger Ort, der so einiges zu erzählen hätte, könnte er reden. Die 10 Quadratmeter große Halbinsel in der Mecklenburger Bucht war ursprünglich eine Insel, die die Zufahrt zum Salzhaff schützte. So ergibt auch der Name Wustrow einen Sinn, der dem slawischen Wort für Insel entstammt. Lange Zeit befanden sich ein landwirtschaftliches Gut und einige Bauernhöfe auf der Halbinsel Wustrow. Ab 1933 begann dann ein düsteres Kapitel. Die Halbinsel wurde an die Reichswehr verkauft, die dort einen militärischen Komplex mit der größten Flak-Schule des Deutschen Reiches errichtete. Nach dem 2. Weltkrieg waren sowjetische Streitkräfte bis zum Anfang der 1990er-Jahre in Wustrow stationiert und die Halbinsel blieb militärisches Sperrgebiet. Pläne einer Investorenfirma, die Halbinsel anschließend in ein Ferienparadies mit Jachthafen, Golfplatz, Hotel und Appartements zu verwandeln, scheiterten unter anderem am Widerstand der Stadt Rerik. So fiel Wustrow in einen Dornröschenschlaf. Die rund 90 Gebäude verfallen immer weiter und die Natur erobert sich die Halbinsel Stück für Stück zurück. Seit einigen Jahren kann die Geisterstadt im Rahmen von Führungen besichtigt werden.
In Ufernähe entlang paddelnd sehen wir immer wieder Gebäude durch die dichte grüne Wand aus Bäumen und Sträuchern durchschimmern. Zu gern würden wir in einer der Buchten an Land gehen und auf Entdeckungstour gehen. Das ist allerdings streng verboten, unter anderem wegen der Munition, die hier teilweise noch im Boden vergraben ist. „Lebensgefahr“ warnen die Schilder an der Grenze. So begnügen wir uns mit dem Blick vom Wasser aus.
Der Südwesten von Wustrow ist übrigens Naturschutzgebiet und gehört gemeinsam mit dem Salzhaff zum EU-Vogelschutzgebiet „Küstenlandschaft Wismar-Bucht“. Über 90 Brutvogelarten nutzen das Naturschutzgebiet, um ihren Nachwuchs aufzuziehen.
Wir paddeln noch eine Weile an der Halbinsel entlang und kehren dann um. Ambitionierte Paddler können bei entsprechenden Wetterbedingungen die Halbinsel umrunden. An der Ostseeseite warten noch eine fantastische Steilküste und ein deutlich besserer Blick auf die Geisterstadt. Hat man die Halbinsel Wustrow hinter sich gelassen – klar zu erkennen an dem Zaun, der hier bis in die Ostsee ragt – kann man an einer beliebigen Stelle am Strand an Land gehen.
Auf unserem Rückweg zur Einstiegsstelle genießen wir den Blick auf die Stadt Rerik, den Kirchturm und die davorliegenden Boote. Inzwischen ist deutlich mehr Betrieb auf dem Wasser. Neben anderen Paddlern brausen auch einige Motorboote an uns vorbei und sorgen auf dem ansonsten ruhigen Wasser für etwas Wellengang. Glücklich und zufrieden steigen wir aus unseren Kajaks. Was für ein großartiger und abwechslungsreicher Paddelausflug!
Info:
Wer kein eigenes Kajak hat, kann sich in Rerik bei Oceanblue Watersports Sit on Top Kajaks oder auch Stand Up Paddle Boards ausleihen.
Wer Windsurfen möchte, ist bei der Surfschule Rerik an der richtigen Adresse.