Mit Hund in den Urlaub? Die ostfriesische Weite lockt zu ausgedehnten Spaziergängen gerade in der kalten Jahreszeit. Und auch drinnen sind vier Pfoten vielerorts herzlich willkommen. Hundebloggerin und Buchautorin Stefanie Heins kennt die Lieblingsplätze mit Hund an der Nordseeküste und im Binnenland und weiß, was es zu beachten gibt.
Kennt ihr das, wenn die gewohnten Hunderunden gelegentlich nicht mehr genügen? Wenn der sonst sehnsüchtig erwartete Spaziergang seine Protagonisten plötzlich langweilt? Wenn der Vierbeiner halbherzig herumschnüffelt und der Zweibeiner gleichmütig hinterherschlurft? Dagegen hilft nur eins: Die Liebsten und die Leinen nehmen und zusammen neue Reviere erkunden! Meinen Labrador-Mischling Henry und mich zieht es dann meistens ans Wasser. Wie gut, dass eine – samt tierischer Begleitung – leicht erreichbare Alltagsflucht nur wenige Autostunden von unserer schleswig-holsteinischen Heimat entfernt ist. Erkundet mit uns Ostfriesland aus der Pfoten-Perspektive!
Entgegen allgemeiner Urlaubsgewohnheiten schätzen die meisten Hundehalter weder warme Strandgelage noch weite Flugreisen – zumindest nicht in felliger Gesellschaft. Umso schöner finden wir es, zu Fuß mit unseren Vierbeinern das Gefühl von Freiheit zu genießen. Das geht insbesondere während der Herbst- und Wintermonate an der niedersächsischen Nordsee ganz hervorragend. Dann erreicht der Blick draußen den Horizont und die Leine maximale Länge. Mensch und Hund inhalieren eine frische Brise und hören nichts außer brausendem Wind oder brechenden Wellen. Wenn später der Kandiszucker im Tee und die Holzscheite im Ofen knistern und das Tier im Körbchen kuschelt, ist die Gemütlichkeit perfekt.
Doch Moment mal, wird mancher von euch vielleicht denken. Vor allem aufgrund häufig geltender Leinenpflichten hat Ostfriesland zugegebenermaßen oberflächlich nicht den hundefreundlichsten Ruf. Früher (und verstärkt auf den Inseln) waren tierische Touristen tatsächlich nicht immer gern gesehen. Das hat sich meinen Erfahrungen nach inzwischen zum Glück geändert. Etwaige Vorurteile entsprechen nicht unbedingt der Realität und Hunde werden von Emden bis nach Wilhelmshaven vielerorts nicht nur geduldet, sondern sind sogar herzlich willkommen. Was für jeden von uns selbstverständlich sein sollte, ist gegenseitige Rücksicht. Diese nehmen Frauchen genauso wie Herrchen speziell auf Personen, die zurückhaltend gegenüber Vierbeinern sind, sowie auf die Natur, welche wir mit unseren Schützlingen erleben.
Verschiedene Gewässer, wilde Wiesen, dichte Wallhecken und alte Wälder dienen als Wohnzimmer von – teilweise seltenen – Tier- oder Pflanzenarten. Um den Nachwuchs von Hase, Reh und Co. vor neugierigen Hunden zu schützen, gilt während der sogenannten Brut- und Setzzeit vom 1. April bis zum 15. Juli (vereinzelt schon früher oder noch später) im gesamten Bundesland Niedersachsen eine Leinenpflicht in der offenen Landschaft. Besonders sensible Ökosysteme wie das Watt werden ganzjährig nur in ausgewiesenen Bereichen und gegebenenfalls angeleint besucht. Um ebenso den Bedürfnissen unserer Vierbeiner nach körperlicher Aktivität und sozialer Interaktion mit Artgenossen gerecht zu werden, bieten bestimmte Gemeinden unterschiedlich gestaltete Freilaufflächen. Eine der beliebtesten ist das als „Huntsteert“ (niederdeutscher Begriff für Hundeschwanz) bekannte Gelände in Schortens. Das acht Hektar große, umzäunte Areal wird von der Initiative Leinen los in Friesland e.V. gepflegt und steht Hundehaltern gratis zur Verfügung. Diese flanieren entlang idyllischer Pfade oder fachsimpeln am See – ihre umhertollenden Lieblinge natürlich stets im Blick.
Knapp 20 Kilometer davon entfernt, kann man inklusive Hund den niedersächsischen Nationalpark näher kennenlernen – unabhängig von den Gezeiten und ohne diesen überhaupt direkt zu begegnen. In Wilhelmshaven führt das kürzlich sanierte Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum Zwei- mit ihren angeleinten Vierbeinern über mehrere Etagen durch die abgebildeten Land-, Wasser- und Luftwelten der angrenzenden Nordsee. Das moderne Naturerlebniszentrum beeindruckt durch Exponate wie das 14 Meter lange Original-Skelett eines Pottwals. Ein spannender Ausflug – etwa bei „Schietwetter“. Dafür, dass das Klima an der Küste ziemlich rau sein kann, stehen die hier typischen Deiche. Seit dem Mittelalter trotzen Anwohner durch den Deichbau schweren Sturmfluten. Um die Stabilität der wichtigen Erdwälle zu erhalten, dürfen Hunde diese normalerweise nicht betreten und Löcher buddeln oder landschaftspflegende Schafe stören. Aber keine Regel ohne Ausnahme: In der Krummhörn können Mensch plus Hund den Abschnitt zwischen dem sogenannten „Trockenstrand“ Upleward, der landeinwärts liegt, und dem Campener Leuchtturm mitten auf der Deichkrone als Gassistrecke nutzen. Ein großartiges 360-Grad-Panorama!
So müssen es ebenfalls die Häuptlinge empfunden haben, von denen Ostfriesland im 14. sowie 15. Jahrhundert regiert wurde und die unter anderem den Deichbau verwalteten. Das Geschlecht Beninga gehörte zu den einflussreichsten und hat auch in Form der 1490 in Groothusen erbauten Osterburg bis heute sichtbare Spuren hinterlassen. Seit Generationen erhält die Besitzerfamilie Kempe das kulturelle Ensemble und ermöglicht, dass – nach vorheriger Anmeldung – dieses geschichtsträchtige Bauwerk samt stubenreinem Vierbeiner im Rahmen einer Führung besichtigt werden kann. Selbst der Raum mit goldlederner Tapete bleibt Gästen nicht verborgen. Außerdem solltet ihr euch die regionalen Köstlichkeiten (wie Ostfriesentorte mit Rumrosinen) im Burgcafé und Restaurant nicht entgehen lassen! Dort, wie an vielen anderen Gastronomien oder Geschäften, stehen Näpfe für durstige Mäuler bereit und gelegentlich gibt es obendrein ein kostenloses Leckerli.
Für einen pfotentauglichen Stadtbummel empfiehlt sich zum Beispiel die kleine Kreisstadt Wittmund. Hier pflastern die Handabdrücke prominenter Persönlichkeiten den Weg – regelmäßig kommen neue „Hands of Fame“ von Sportlern, Künstlern oder Politikern dazu. In der Norderstraße hat sich der bekannte „Hundeprofi“ Martin Rütter verewigt. Wer vom lebhaften Einkaufstrubel genug hat, oder zu Silvester mit einem ängstlichen Vierbeiner vor lautem Feuerwerk fliehen möchte, der ist im besinnlichen Carolinensiel richtig. Zum Schutz der historischen Anlage wird in dem Küstenort auf Raketen sowie Knaller verzichtet – stattdessen erstrahlt der Museumshafen als „Lichtermeer“. Auf dem Wasser kann man mit Hund herausragend im Pfahlbau-Ferienhaus „Seeperle Harlesiel“ übernachten.
Von Harlesiel legt die Fähre in Richtung der autofreien Insel Wangerooge ab. In der Nebensaison zwischen November und März hat man das friesische Eiland fast für sich allein. Ein Must-have sind hier die hübschen Halsbänder im „Inselhund“-Design! Falls ihr mit Vierbeiner auf eine Insel reist – eventuell auch auf dem Festland – sollte Folgendes im Gepäck nicht fehlen: Falls nötig Spezialfutter, eine gefüllte Trinkflasche, Kotbeutel (ergänzend gibt es zahlreiche kostenfreie „Köttelpüüt“-Stationen), Halsband/Geschirr, eine lange sowie eine kurze Leine (die matschig werden dürfen), Hundehandtuch und Liegedecke. Das Anlegen eines Maulkorbs, etwa zwecks Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, ist generell nicht nötig und pauschale Rasselisten gibt es in Niedersachsen nicht. Für den „Fall der Felle“ ist es ratsam, den EU-Heimtierausweis zur Hand zu haben sowie ein Erste-Hilfe-Set, da es auf einigen Inseln keine Tierarztpraxen gibt. Sollte der Schützling unterwegs eigene Wege gehen, verspricht die private Mobilnummer auf der Marke am Hundehalsband ein schnelles Wiedersehen.
Egal, ob es euch für eine kleine Auszeit oder große Ferien mit vierbeinigen Familienmitgliedern nach Ostfriesland zieht – genießt die gemeinsame Alltagspause und sammelt unvergessliche Augenblicke! An diese könnt ihr euch dann erinnern, wenn die heimische Hunderunde mal wieder langweilig wird…
Das Buch „Lieblingsplätze mit Hund – Nordseeküste Niedersachsen“
Mehr hundefreundliche Ausflugsziele präsentiert Stefanie Heins in ihrem neuen Buch. Auf der Deichkrone spazieren, die Häuptlingsburg besuchen oder einen Urwald erkunden. Historische Hafenstädte begeistern mit hübschen Läden und regionalen Restaurants – in denen Hunde nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich willkommen sind. Gleiches gilt für besondere Unterkünfte: sei es vom modernen Pfahlbau bis zur romantischen Mühle. Im Fall der Felle hilft das Verzeichnis mit Tierärzten und -kliniken, Hundesittern und Fachgeschäften.