Der Wind im Hafen am Norwegenkai in Kiel pustet uns kräftig um die Ohren, als wir auf dem Deck stehen, um zu verfolgen, wie wir langsam aus Kiel auslaufen. Wir fahren vorbei an bekannten Landmarken wie dem Schifffahrtsmuseum, den Leuchttürmen Kiel-Holtenau und Friedrichsort, bis wir schließlich auf Höhe des markanten Marine-Ehrenmals und dem U-Boot 995 in Laboe die Kieler Förde verlassen und auf der Ostsee in Richtung Oslo fahren.
Jede Menge Unterhaltung an Bord
Wir begeben uns ins Innere des Schiffes zu einer ersten Erkundungstour. Langweilig wird uns bei der Überfahrt ganz bestimmt nicht: Auf die Reisenden warten verschiedene Geschäfte, diverse Restaurants (von Sushi bis Burger und Pizza) und sogar ein Schwimmbad, ein Casino, ein Nachtclub und Theater gehören zur Ausstattung. Wellness- und Fitness-Bereiche runden das Freizeitangebot auf den Fähr-Kreuzfahrtschiffen ab.
Pünktlich zur Durchfahrt der imposanten Brücke über den Großen Belt sitzen wir an unserem Tisch mit Aussicht durch große Fenster im Restaurant und genießen die Auswahl des skandinavischen Buffets. Die untergehende Sonne lässt die Brücke fast spektakulär erstrahlen, immerhin dürfen wir gerade einen Blick aus einer ganz besonderen Perspektive auf das Bauwerk werfen. Danach entscheiden wir uns für einen Besuch im Theater. Zweimal pro Abend wird hier ein anspruchsvolles und unterhaltsames Showprogramm geboten.
Fahrt durch den Oslofjord
Unser nächster Morgen an Bord startet früh, da wir bereits gegen zehn Uhr im Hafen von Oslo einlaufen werden. Vorab möchten wir noch in Ruhe frühstücken und die Fahrt durch den Oslo-Fjord mit seinen zahlreichen kleinen Inseln und den malerischen skandinavischen Häusern auf den Hängen inmitten der sanften Hügellandschaft links und rechts des Fjords genießen. Gut gestärkt betreten wir nach dem Frühstück das Deck und staunen über die Landschaft. Der Frühling steht bereits in den Startlöchern, doch auf den Hängen zeigen sich immer noch einzelne schneebedeckte Flächen. Zum Glück ist es recht windstill und so lässt es sich auf Deck gut aushalten. Hier und da versuchen sich sogar vorwitzige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke zu kämpfen.
Gut zu wissen:
Minikreuzfahrten ab Deutschland werden von verschiedenen Häfen und unterschiedlichen Reedereien angeboten.
Ab Kiel starten Fähr- und Kreuzfahrtschiffe nach Oslo, Göteborg, Kopenhagen, Aarhus, Kristiansand, Skagen, Southampton und nach Klaipeda. Ab Lübeck Travemünde werden Überfahrten nach Helsinki, Trelleborg, Malmö, Kopenhagen, Liepaja und Ventspils angeboten. Doch auch ab Warnemünde, Hamburg und Bremerhaven können Reisende zur Minikreuzfahrt durch Ost- und Nordsee aufbrechen.
Oslo entdecken: Reichen vier Stunden?
Pünktlich geht es in Oslo von Bord. Für eine Erkundungstour durch die norwegische Hauptstadt haben wir knapp vier Stunden Zeit, bevor wir am frühen Nachmittag wieder die Rückfahrt nach Kiel antreten. Natürlich reichen vier Stunden nicht aus, um alle Sehenswürdigkeiten zu entdecken und in den vielseitigen Museen und den vielen verschiedenen spannenden Stadtvierteln abzutauchen. Um etwas Zeit zu sparen, schnappen wir uns vor dem Hafengebäude ein Taxi und lassen uns direkt zum Schloss in Oslo bringen. Bezahlt wird die Fahrt in norwegischen Kronen – umgerechnet rund zwölf Euro.
Im Oslo Schloss lebt und residiert der König von Norwegen. Umgeben ist es von einem rund 22 Hektar großen Schlossgarten. Mit seinen 173 Räumen zählt es eher zu den kleinen Residenzen in Europa. Führungen werden nur von Juni bis August angeboten. Eintrittskarten für die Schlossführungen werden auf den Postämtern in Oslo verkauft. Vom Vorplatz des Schlosses haben wir einen tollen Blick über die Stadt und die Karl Johans Gata, Oslos bekannteste Einkaufsstraße. Nach dem wir uns etwas am Schloss umgeschaut haben, starten wir unseren Spaziergang vorbei am Nationaltheater, Paradox Museum, Parlament und der Oslo Domkirche in Richtung Munch Museum.
Bjorvika: Willkommen an der Wasserkante
Die Wasserkante im neu entstandenen Stadtviertel Bjorvika im Osten von Oslo besticht durch faszinierende Architektur. Das Ensemble aus Munch Museum, Oper und Bibliothek präsentiert sich modern, mit viel Glas und geraden Formen. Im Kontrast dazu zeigen sich die verschiedenen Saunaplattformen und bunten Schwitz-Boote im vorgelagerten Hafenbecken, die übrigens auch bei unserem Rundgang gut besucht sind und sogar durch das Hafenbecken schwimmen hin- und wieder mutige Badegäste. Das neue Quartier gilt als das größte Bauprojekt in der Geschichte Oslos. Die kreative Umgestaltung des ehemaligen Hafengebietes wird mindestens noch bis 2035 dauern.
Als erstes nehmen wir die Bibliothek Deichmann genauer unter die Lupe. Dieser helle und lichtdurchflutete Bau zählt zu den modernsten Bibliotheken Europas. Der fließende Übergang zwischen Innen- und Außenfläche schafft einen besonderen Begegnungsort. Neben einer umfangreichen Büchersammlung gibt es im Gebäude auch ein Kino, verschieden Lese-, Lounge- und Gaming-Bereiche, Werkstätten mit Kurs-Angeboten und ein Restaurant. Mit Einbruch der Dunkelheit soll das Gebäude mit unterschiedlichen Licht- und Farbkombinationen inspirieren. Der Zutritt zur Bibliothek ist kostenfrei.
Von der Bibliothek führt uns der Weg direkt zur Oper nebenan. Die weiße, eckig-markante Fassade scheint fast mit dem Wasser im Hafenbecken zu verschmelzen. Diesem faszinierenden Bauwerk dürfen wir im wahrsten Sinne des Wortes aufs Dach steigen. Die Aufstiegsflächen wurden perfekt in die fließende Architektur der Oper integriert und sind auf den ersten Blick fast nicht erkennbar. Als wir oben ankommen, um den Blick über Oslo bis zum Holmenkollen schweifen zu lassen, bricht die Sonne durch die Wolken und belohnt uns mit einem grandiosen Panorama. Freche Möwen ziehen kreischend über unseren Köpfen ihre Runden und äugen neugierig auf die Besucher, ob nicht hier und da doch noch ein Leckerbissen gezückt wird. Auch das Innere des Opern- und Balletthauses begeistert. Das großzügige Design des Foyers mit Fensterfronten und warmen Eichenholzflächen sorgt für ein harmonisches Gesamtbild des futuristischen Gebäudes. Die Oper verfügt über insgesamt drei Bühnen und bietet insgesamt Platz für bis zu knapp 2000 Personen.
Tipp
Im hinteren Teil des Gebäudes geben Fensterfronten die Möglichkeit einen Blick in die Werkstatt zu werfen. Hier wird an den aufwendigen Kostümen und Masken der Opern- und Ballettaufführungen gearbeitet.
Auf das monumentale Munch-Museum, es liegt neben der Oper, werfen wir aufgrund von Zeitmangel nur einen kurzen Blick. Ausgestellt werden in dem 13. Stockwerke umfassenden Gebäude, neben den Kunstwerken von Edvard Munch, auch zeitgenössische Kunst und wechselnde Ausstellungen. Abgerundet wird das Angebot im Museum durch regelmäßige Kunst- und Kulturveranstaltungen sowie gleich drei Restaurants.
Festung Akershus & Hafenviertel Akerbrygge
Langsam treten wir den Rückweg zum Hafen an. Dazu wählen wir noch einmal einen Abstecher durch einen Teil der Osloer Altstadt. Auf Höhe der Festung Akershus lassen wir uns von einer kleinen Konditorei anlocken und zum Kauf von „Boller“ verführen. Boller sind mehr als nur ein norwegisches Gebäck. Viel mehr gehört dieses Backwerk zur norwegischen Kultur, quasi als Inbegriff für hyggelige skandinavische Gemütlichkeit. Es ist eine Mischung aus süßem Brötchen und kleinen Hefe-Kuchen, mal mit Zimt, Kardamom, Rosinen, Schokolade, Haferflocken oder einer Art Vanille-Puddingcreme.
Während wir durch die Festung Akershus streifen, kauen wir genüsslich unsere Boller und lassen uns durch einen Hauch von Zimt und Geschichte begeistern. Erbaut wurde die Festung bereits um 1299 von König Hakon V. Magnusson Akershus – daher stammt auch der Name der Anlage. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Bollwerk ausgebaut und auch umgestaltet, bis im 18. Jahrhundert der Verfall begann. Glücklicherweise wurden um 1899 die Restaurierungsarbeiten aufgenommen. Im Sommer werden auch täglich Führungen durch das Bauwerk angeboten.
Von der Festung bis zum trendigen Hafenviertel Akerbrygge mit seiner modernen Architektur, zahlreichen Restaurants, Museen und exklusiven Galerien, sind es nur ein paar Schritte. Das hübsche Quartier auf einem ehemaligen Werftgelände an der Pipervika Bucht zeigt ein sehr lebendiges und kontrastreiches Stadtbild aus Arbeits-, Freizeit- und Wohnräumen, die zum Teil fast malerisch durch Brücken und Stege verbunden sind. Segelschiffe, Haus- und Motorboote sowie Ausflugsschiffe und Saunaplattformen liegen in der kleinen Marina von Akerbrygge vor Anker. Gemütlich schlendern wir von hier aus zurück zum Schiff. Denn unser Anleger ist gerade einmal einen Kilometer von der Marina in Akerbrygge entfernt.
Gut zu wissen:
Keine Lust auf einen Spaziergang durch Oslo? Zum Glück werden auch verschiedene Ausflugs- und Stadtrundfahrten angeboten. Einige Ausflüge können direkt auf den Fähr-Kreuzfahrtschiffen gebucht werden. Alternativ fahren auch in Oslo die roten HopOn-HopOff-Busse und es gibt Touren per Fahrrad, Schiff und Kanu.
Zurück an Bord
Kaum sind wir wieder an Bord, legen wir auch schon ab und steuern begleitet von wilden Wolken und sanften Wellen, die um den Schiffsbauch plätschern, durch den Oslofjord. Wir stehen an Deck und verabschieden uns still und leise vom sympathischen Oslo. Immer wieder versucht die Sonne sich einen Weg durch die dichte Wolkendecke zu bahnen, vereinzelte Sonnenstrahlen sorgen für zauberhafte Licht- und Schattenspiele auf dem glitzernden Wasser. Wir passieren ein paar kleine Inseln und einlaufende Schiffe kreuzen unseren Weg. Wieder unter Deck suchen wir erst einmal unsere Kabine auf, um dort etwas auszuruhen. Zum Glück ist die Kabine mit einem großen Bullauge ausgestattet und wir können direkt vom Bett die vorbeifahrende Fjordlandschaft bewundern.
Gegen späten Nachmittag fahren wir mit einem der gläsernen Fahrstühle im Schiff auf das oberste Deck, um dort der Bar einen Besuch abzustatten. Wir haben Glück und erobern tatsächlich einen der begehrten Tische direkt vor der großen Panorama-Fensterfront. Bei kühlen Getränken haben wir beste Sicht auf die Ostsee, die uns an diesem Abend noch einen wundervollen Sonnenuntergang schenkt. Wir lachen, lassen den Tag noch einmal Revue passieren und sind immer noch ganz begeistert und beseelt von den schönen Erlebnissen in Oslo. Die Dunkelheit hat das Schiff schon eingehüllt, als wir die Bar schließlich verlassen und eines der Restaurants im Schiff aufsuchen. Viel zu müde für weitere Aktivitäten kuscheln wir uns nach dem Essen in unsere gemütliche Koje und schlafen unverzüglich ein.
Dafür sind wir am nächsten Morgen sehr zeitig wach, um an Deck frische Luft zu schnappen und einen guten Fensterplatz beim Frühstück zu ergattern. Bei Kaffee, Brötchen, Marmelade, reichlich Obst und leckeren Fisch- und Eierspeisen, verfolgen wir unseren Weg zurück durch die Kieler Förde. Nur noch eine gute Stunde, dann legen wir schon wieder im Hafen von Kiel an.
Wir müssen zugeben, viel zu schnell ist unser kleines Familienabenteuer Mini-Kreuzfahrt vorbeigegangen – aber schön war es auf jeden Fall!