Die meisten Gäste kommen auf dem Wasserweg zu den Ostfriesischen Inseln. Etwas schneller, tideunabhängig und vor allem abenteuerlicher geht es mit dem Flieger. Dabei ist der Flug über das Wattenmeer an sich schon ein unvergessliches Urlaubserlebnis, finden die Zwillinge Kathrin und Kristin Haase, die von Norddeich nach Juist geflogen sind.
Juist macht seinem Namen „Töwerland“ (Plattdeutsch für Zauberland) alle Ehre. Endloser Sandstrand, herrliche Dünen, einladende Wanderwege und Pferdekutschen statt Autos machen den Zauber der Ostfriesischen Insel aus. Als Natur- und Tierfans sind wir auf Juist voll in unserem Element.
Dieses Mal steht ein besonderes Abenteuer für uns an: Zum ersten Mal fliegen wir auf die Insel, anstatt die Fähre zu nehmen. Es muss wahnsinnig schön sein, die Inseln und das Wattenmeer aus der Vogelperspektive zu bestaunen! Aufgeregt steuern wir den kleinen Flugplatz in Norddeich an. Dabei hätten wir fast den kleinen Abbieger mit der Zufahrtstraße verpasst, denn das leicht verdrehte Schild ist kaum lesbar.
Schnell parken wir unser Auto und entern das kleine Flughafengebäude. Der Wind pfeift typisch für Ostfriesland ordentlich. Ob unser Inselflieger überhaupt fliegt? Schon auf der Fahrt hierher haben wir die Website der FLN Frisia-Luftverkehr GmbH Norddeich gecheckt und erleichtert gelesen: „Der Flugbetrieb zwischen Norddeich und den Inseln findet planmäßig statt.“ Na dann mal los!
Beim Check-in wird unser Gepäck gewogen und der Impfnachweis kontrolliert. Spätestens 15 Minuten vor Abflug solltet ihr da sein. Wir machen es uns noch kurz in der kleinen Wartehalle gemütlich. Einige Minuten später geht es los. Zu Fuß legen wir den kurzen Weg über das Rollfeld zu unserem kleinen Flugzeug zurück. Die Britten-Norman-Islander BN2 bietet Platz für gerade mal acht Passagiere. Unser Gepäck geben wir beim Piloten ab, der es hinten in einer Frachtluke verstaut. Dann klettern wir in das Flugzeug. Anschnallen und schon rollt der kleine Flieger los.
Ein paar Wimpernschläge später schweben wir bereits durch die Lüfte. Unter uns das flache Marschland Ostfrieslands. Linker Hand der Fährhafen Norddeich und die Fähre, die sich gerade aus der Hafeneinfahrt schiebt. Wie ein Spielzeugschiff sieht sie von hier oben aus. Es ist Ebbe und wir erspähen eine Gruppe Eiderenten auf einer Sandbank. Eigentlich sind es eher weiße und braune Flecken, aber dank unseres Kamerazooms klar zu identifizieren. Auch ein paar Seehunde entdecken wir unter uns im Sand. Großartig! Inzwischen haben wir die Küste von Juist erreicht. Wir überfliegen die zerklüfteten Sandflächen der Kalfamer an Juists Ostspitze. Rechts kommt der endlose Dünenstrand in Sicht. Und schon beginnt der Sinkflug. Trotz des Windes setzt das kleine Flugzeug sanft auf der Juister Landebahn auf und rollt Richtung Ausgang. Viel zu kurz erscheint uns der knapp fünf Minuten lange Flug. Wir wären gern noch endlos weiter über diese faszinierende Landschaft geflogen! Aber auch so sind wir ziemlich begeistert von unserem kleinen Flugabenteuer!
Am Flughafen steht schon das Inseltaxi für uns bereit. Da Juist autofrei ist, handelt es sich dabei um eine Pferdekutsche. Idyllischer kann eine Inselauszeit doch eigentlich gar nicht losgehen, oder? Vom Hufgetrappel begleitet legen wir die knapp fünf Kilometer bis zum Ortskern zurück. Schnell im Hotel einchecken und auf zur Inselerkundung.
Als Erstes zieht es uns an den schier endlosen Sandstrand, der sich auf 17 Kilometern die gesamte Nordseite der Insel entlangzieht. Dank der steifen Brise tobt der lose Sand in Wellenbewegungen über den weiten Strand. Wir sind begeistert von den fließenden Bewegungen und Mustern, die dadurch entstehen. Die Naturgewalten spürt man hier wirklich hautnah. Fast haben wir das Gefühl, gleich abzuheben, so kräftig weht uns der Wind in den Rücken. Einfach herrlich, wieder an der Nordseeküste zu sein!
Otto Leege auf der Spur
Kräftig durchgepustet zweigen wir schließlich ins Landesinnere ab und begeben uns auf die Spuren von Otto Leege. Der Biologe, Naturschutz-Pionier und „Vater“ der Vogelinsel Memmert hat den Naturschutz auf Juist nachhaltig geprägt. Kein Wunder also, dass nach ihm ein Lehrpfad benannt wurde. Der etwa einen Kilometer lange Otto-Leege-Pfad erklärt auf künstlerische Weise das sensible Ökosystem der Insel.
Der Spaziergang startet an der Otto-Leege-Aussichtsplattform an der Wattseite der Insel. Infotafeln verraten mehr über die Vogelarten und die Routen der Zugvögel. Durch ein Fernglas kann man die Vögel im Watt und in den Salzwiesen beobachten. Wir entdecken ein paar hübsche bunte Brandgänse. Von der Otto-Leege-Aussichtsplattform spazieren wir hinüber zum Goldfischteich, wo sich auch eine kleine Schutzhütte und ein japanisches Tor zu Ehren von Otto Leege befinden. Von hier schlängelt sich der Pfad durch die schöne Juister Dünenlandschaft. Unterwegs erfahren wir allerhand über Artenschutz und die ökologischen Zusammenhänge auf der Insel. Auch ein paar interaktive Installationen finden sich entlang des Otto-Leege-Pfads: beispielsweise eine Windharfe, eine Wasserklangschale und eine Sonnenuhr. Schließlich endet der Lehrpfad auf einer kleinen Aussichtsplattform mitten in den Dünen.
Juists Zauberwald
Im Westen der Insel, zwischen Domäne Bill und dem Hammersee, wartet ein weiteres idyllisches Fleckchen für einen schönen Spaziergang: das Juister Wäldchen, auch liebevoll „Zauberwald“ genannt. Es geht ebenfalls auf eine Initiative von Otto Leege zurück, der hier windharte Pflanzen anpflanzen ließ. Das Wäldchen bietet einen tollen Kontrast zu der von Dünen und Salzwiesen geprägten Landschaft auf Juist: Knorrige Bäume, Farne und Flechten verleihen ihm seine mystische Stimmung. Verwunschene Wanderwege führen durch den Zauberwald und laden zum Durchatmen in der Natur ein. Dabei landet ihr früher oder später beim Wärterhaus. Dienstags und donnerstags zwischen 13 und 17 Uhr öffnet es im Sommer seine Pforten für Besucher. Von der Aussichtsplattform hinter dem Wärterhaus habt ihr einen traumhaften Rundumblick über das Wäldchen und die Insel.
Nach einem ausgedehnten Strandspaziergang zum Sonnenaufgang geht es für uns am nächsten Morgen zurück zum Festland. Auch zurück nehmen wir wieder den Inselflieger und saugen erneut den Blick auf die schöne Landschaft aus der Vogelperspektive in uns auf. Unser Fazit: So ein Flug ist eine tolle Alternative zur Fähre. Und gerade nach Juist, wo die Fährzeiten abhängig von der Tide sind, bieten die kleinen Inselflieger viel Flexibilität bei der Anreise. Unsere Auszeit auf Juist hat uns wieder sehr gut gefallen. Die Ostfriesischen Inseln sind einfach immer eine Reise wert!
Inselflieger
Flugpläne und Buchung unter www.inselflieger.de
Kosten: einfacher Flug Norddeich-Juist 48,50 € – Hin- und Rückflug 88 €
Unser Tipp: Verschenkt doch mal einenFluggutschein! Auch Rundflüge sind möglich.
Hochzeitsflug: Für Paare, die auf Juist oder Wangerooge heiraten, bieten die Inselflieger vergünstigte Flüge an.
Parken
Direkt am Flugplatz in Norddeich, Westerlooger Strohweg 5, 26506 Norden
(Parkschein 5,50 € je angefangenem Tag)
Der Flugplatz auf Juist ist ca. fünf Kilometer vom Ortskern entfernt. Am Flugplatz steht ein Inseltaxi in Form einer Pferdekutsche bereit (Kosten: 20 € pro Strecke/Erwachsener). Alternativ kann man sich am Flugplatz Fahrräder mieten.